Rote Gebiete: Wie sinnvoll ist eine pauschale Stickstoffreduktion
Aus dem Inhalt:
Wer sich in einem roten Gebiet befindet, den treffen deutliche Einschränkungen bei der erlaubten Stickstoffmenge. Ein Landwirt muss hier unter anderem von dem ermittelten Stickstoffbedarfswert pauschal nochmal 20 % abziehen. Das Ziel soll sein, die Nitratbelastung von Gewässern zu verringern. Aber ist der Weg dahin wirklich sinnvoll und effektiv?
Momentan sind etwa 2 Millionen Hektar in Deutschland als Rote Gebiete ausgewiesen. In ihnen wurden erhöhte Nitratwerte im Grundwasser festgestellt, unter anderem anhand von Messstellen – aber auch mithilfe anderer Verfahren, wie etwa der sogenannten „Emissionsmodellierung“, die für mehr Verursachergerechtigkeit sorgen sollte. Diese sieht die EU-Kommission allerdings als nicht vereinbar mit der EU-Nitrat-Richtlinie. Deshalb hat sie nun Deutschland dazu aufgefordert, bei der Festsetzung der roten Gebiete nachzubessern. Mit der Folge, dass die roten Gebiete womöglich um 30 % ausgeweitet werden.
Ausdehnung der roten Gebiete: Für Landwirte auch eine existenzielle Bedrohung?
Landwirte in diesen Regionen müssen mit erheblichen Einschränkungen bei der Stickstoffdüngung rechnen. Besonders bitter ist unter anderem die Vorgabe, die Stickstoff-Düngung um 20 % in den roten Gebieten zu reduzieren. Dass die Nitrateinträge in das Grundwasser verringert werden müssen, steht außer Frage. Aber ist dies wirklich der richtige Weg dahin? Oder ist letztendlich der ökonomische Schaden für die Landwirte größer? Pflanzenbauprofessor Henning Kage von der Universität Kiel (CAU) hat in seiner Studie die Auswirkungen der Stickstoffreduktion evaluiert. Hierfür hat er unter anderem die Daten von bundesweiten Stickstoff-Steigerungsversuchen zu Winterraps und -weizen ausgewertet sowie von einem langjährigen Versuch auf dem Versuchsgut Hohenschulen.
Das sind die Erkenntnisse der Studie der Uni Kiel
Die Wissenschaftler um Professor Kage kamen zu dem Ergebnis, dass die Bedarfswerte der derzeit gültigen Düngeverordnung (von 2020) bereits unterhalb des ökonomischen Optimums liegen. Allerdings sind die ökonomischen Einbußen, die daraus für den Weizen- und Rapsanbau resultieren nur gering bzw. moderat. Und: Die Stickstoffbilanz-Überschüsse werden durch die geringeren Bedarfswerte deutlich verringert.
Aber wie sieht die Situation aus, wenn die Stickstoffdüngung nochmals um 20 % reduziert wird, wie in den roten Gebieten vorgeschrieben?
Bei einer weiteren Reduktion zeigen sich deutliche ökonomische Einbußen bei beiden Feldfrüchten – sowohl bei Raps als auch bei Weizen. Die stickstoffkostenfreie Leistung – also das, was nach Abzug der Düngerkosten von dem Ertrag übrigbleibt – fiel deutlich geringer aus als bei einer ökonomisch optimalen Düngung. Bei Winterweizen sorgte die 20 %-ige Reduktion der Düngung durchweg für negative Bilanzsalden. Zudem fielen die Proteinwerte so gering aus, dass vielfach die Handelsstandards für Backweizen nicht erreicht wurden.
Und das Entscheidende: Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass eine Stickstoff-Minderung unterhalb der Bedarfswerte der Düngeverordnung nur in einem sehr geringen Maße die Stickstoff-Auswaschung verringert. Daher erscheint es fraglich, ob die Düngebeschränkungen für Raps und Weizen noch verhältnismäßig sind. Nach Einschätzung des Pflanzenbauprofessors könnten andere Maßnahmen wesentlich effizienter und kostengünstiger die Nitratauswaschung reduzieren, wie zum Beispiel:
• die Anpassung der Bodenbearbeitung im Herbst,
• die Umstellung der Fruchtfolge und
• der Anbau von Zwischenfrüchten.
So haben beispielsweise die Dänen mittlerweile den Zwischenfruchtanbau verpflichtend eingeführt, sodass die Pflanzen über Winter den Stickstoff binden und vor der Auswaschung schützen.
Fazit
Die Studie von Prof. Kage legt nahe, dass eine pauschale Reduktion der Stickstoffdüngung um 20 % in den roten Gebieten nicht der richtige Weg ist, um langfristig die Nitratauswaschung zu verringern. Andere Maßnahmen seien deutlich effizienter.
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