Harnstoff auf Grünland düngen?
Harnstoff wirkt langsam
Die einzelnen Stickstoffformen unterscheiden sich in ihrer Wirkungsgeschwindigkeit: Nitrat ist direkt pflanzenverfügbar, Harnstoff hingegen kann nur in geringen Mengen direkt von den Pflanzenwurzeln aufgenommen werden. Harnstoff wird durch Boden-enzyme zu Ammonium (NH4+) hydrolysiert, was je nach Temperatur einen Tag bis eine Woche dauern kann. Das entstandene Ammonium wird dann größtenteils zu Nitrat umgewandelt, bevor es von der Pflanze aufgenommen wird. Bei tiefen Bodentemperaturen kann es bis zu 6 Wochen dauern, bis 50% des Ammoniums zum Nitrat umgewandelt sind (Abb.1). Da beim Grünland die Bodenerwärmung nur verhalten erfolgt, kann es bei einer Harnstoffdüngung zu Vegetationsbeginn zu einem Engpass in der Stickstoff-Versorgung kommen. Dieses Problem verstärkt sich gerade in Höhenlagen, da dort die Vegetation meist deutlich später beginnt, als z.B. in den Niederungen. Um einen frühen ersten Schnitt mit hohen Qualitäten zu erzielen, muss möglichst direkt zu Vegetationsbeginn pflanzenverfügbarer Stickstoff bereitgestellt werden. Das ist mit einer Harnstoffdüngung nicht gewährleistet. Feste ammonnitrathaltige N-Dünger wie KAS sind hier das Mittel der Wahl.
Hohe Ammoniakverluste auf Grünland
Versuche, in denen die Ammoniakentgasung bei mineralischer N-Düngung untersucht wurde, belegen höhere Entgasungsverluste nach einer Harnstoffdüngung auf Grünland im Vergleich zu einer Ausbringung auf Ackerland. Ammoniakverluste entstehen z.B. bei der Hydrolyse von Harnstoff zu Ammonium.
Das durch Hydrolyse erzeugte Ammonium kann leichter gasförmig in Form von Ammoniak (NH3 ) entweichen als Ammonium aus Ammoniumnitrat. Der Grund dafür ist, dass die Hydrolyse von Harnstoff zunächst zu einer Erhöhung des Boden pH-Wertes in der unmittelbaren Nähe des eingesetzten Harnstoffkorns führt. Diese alkalischen Bedingungen verschieben das chemische Gleichgewicht zwischen NH4+ und NH3 hin zur letzteren Form, was Verflüchtigungsverluste verursacht. Die Verluste sind bei Trockenheit besonders hoch.
Grünland hat einen dichten und dauerhaften Pflanzenbewuchs sowie einen erhöhten Anteil organischer Substanz im Oberboden, ähnlich der Bodenoberfläche bei konservierender Bodenbearbeitung und Direktsaat. Gelangen Harnstoff-Düngerkörner auf die Pflanzendecke und fallen anschließend keine Niederschläge, kann der Dünger häufig nicht direkt in den Boden eindringen und verbleibt auf der Oberfläche. Daher ist gerade bei Trockenheit nach einer Harnstoff-düngung mit hohen Entgasungsverlusten auf Grünland zu rechnen.
Streufehler auch auf Grünland vermeiden
Harnstoff hat ein geringeres spezifisches Gewicht als beispielsweise Kalkammon- salpeter. Die Düngerkörner sind also leicht und fliegen beim Streuvorgang nicht so weit wie schwere Düngerkörner. Schon bei geringen Windgeschwindig- keiten ist die Ausbringung von leichten Düngern problematisch (Abb.2). In Regionen mit hohen Windgeschwindigkeiten (Nord- deutschland) ist dies ein Problem, aber auch in Hanglagen besteht die Gefahr ungleichmäßiger Düngerver- teilung vor allem bei Ausbringung leichter Düngerkörner. Streufehler im Grünland sind zwar in der Regel schlechter sichtbar als im Getreide, allerdings führt auch im Grünland eine ungleichmäßige Düngerverteilung zu z.B. ungleichmäßigen Silagequalitäten.
Sinnvolle Ergänzung zur Gülledüngung
Grünlandbetriebe haben häufig auch ausreichend organischen Dünger aus der Viehhaltung zur Verfügung. Der wird in der Regel zu Vegetationsbeginn ausgebracht, falls die Befahrbarkeit der Flächen gewährleistet ist. Meist wird dann zeitnah ein mineralischer Stickstoff-Dünger als Startgabe gedüngt, um das Pflanzenwachstum anzukurbeln. Da Gülle als Stickstoffform aus Ammonium-Stickstoff und organisch gebundenem Stickstoff besteht und keinen Nitratstickstoff enthält, ist die Wirkung bei tiefen Bodentemperaturen genauso langsam wie bei einer Düngung mit Harnstoff. Eine mineralische Ergänzung über eine Düngung mit Harnstoff ist zu diesem Zeitpunkt also nicht vorteilhaft, da keine schnelle Düngewirkung erreicht werden kann. Eine direkte Versorgung des Grünlandes mit schnellverfügbarem Stickstoff kann nur über eine Düngung mit nitrathaltigen Stickstoff-Düngern erzielt werden.
Fazit:
Grünland und Harnstoff passen aus vielen Gründen nicht zusammen. Harnstoff ermöglicht keine schnelle N- Versorgung bei kalten Bodentemperaturen. Außerdem müssen je nach Witterung deutliche Ammoniakverluste aus der Harnstoffdüngung eingeplant werden. Streufehler können leicht bei Düngern mit geringem spezifischem Gewicht wie z.B. Harnstoff erfolgen.
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