N-Formen – Erntemengen – Qualitäten
Was lehren die Erfahrungen aus 2009?
Stickstoffdüngung: Lehren aus 2009 – Konsequenzen für 2010
Einziges Werkzeug für den Landwirt, einen Getreidebestand gezielt in seiner Entwicklung zu führen, ist die Stickstoff-Düngung. Das hat auch das Jahr 2009 gezeigt: Gezielte Bestandsführung hat bessere Ernteergebnisse gebracht als pauschale Düngung ohne Rücksicht auf klimatische Gegebenheiten. Was können wir daraus für das kommende Jahr lernen?
Sicherlich, gute Erträge haben dieses Jahr fast alle Landwirte eingefahren. Aber die Schere geht deutlich auseinander bei den Proteinwerten. Hier kristallisieren sich zwischen den unterschiedlichen Proteinstufen Unterschiede im Erzeugerpreis heraus. Bei den derzeitig niedrigen Erzeugerpreisen kann für einige Betriebe ein höherer Proteingehalt die nötige Handbreit Wasser unterm Kiel sein, um nicht wirtschaftlichen Schiffbruch zu erleiden.
Warum 2009 das Jahr der mittelmäßigen Qualitäten ist
„Hohe Erträge führen zu niedrigen Proteinwerten“ lautet eine Binsenweisheit. Das trifft zu, wenn unterschiedliche Erträge aus einem etwa gleich hohen Stickstoffangebot hervorgehen. Dort, wo im Vorfeld mehr Stickstoff für den Ertragsaufbau verbraucht wird, steht für die Qualitätsbildung weniger Stickstoff zur Verfügung. Umgekehrt führen niedrige Erträge automatisch zu höheren Proteinwerten.
In der Praxis sind die Zusammenhänge natürlich wesentlich komplexer. Folgende Kriterien haben ebenso ihren Anteil an Ertrag und Qualität:
- Der jährliche Witterungsverlauf, insbesondere die Niederschlagsverteilung, hat den größten Einfluss auf den Ertrag.
- Die Form des dargebotenen Stickstoffs beeinflusst unmittelbar, wie schnell der Stickstoff wirkt. 2009 wurde häufig Harnstoff eingesetzt. Bei niedrigen Bodentemperaturen wandelte er sich nur zögerlich zu Nitrat um. Folge war ein unkontrolliertes Wachstum.
- Eine pauschale Stickstoff-Düngung ohne Berücksichtigung von Wechselwirkungen mit der Witterung führte zu großen Unterschieden in Ertrag und Qualität.
Witterungsverlauf zu stiefmütterlich beachtet
2009 war häufig zu wenig Stickstoff verfügbar, um bei den regelmäßigen Niederschlägen im Frühjahr eine gute Qualität bei gleichzeitig hohen Erträgen erzielen zu können. Eine bedarfsgerechte Düngung bringt größere Ertragssicherheit.
Schwefel darf nicht vergessen werden - Schwefel ist unerlässlich für eine gute Stickstoffvewertung durch die Pflanze. Landwirte kauften 2009 jedoch häufig reine Stickstoff- Dünger ohne Schwefelanteile ein.
Witterungsverlauf im Frühjahr 2009
In der Tat, das Frühjahr 2009 war zunächst kalt und nass, später warm und teilweise trocken.
Die Stickstoffwirkung ist abhängig vom Wetter und daher vom Zeitpunkt der jeweiligen Düngergabe.
März: Sowohl die erste Stickstoff- Gabe als Harnstoff als auch der bodenbürtige Stickstoff wirkten wegen niedriger Bodentemperaturen kaum (Abb. 1).
Mit nitrathaltigen Produkten angedüngte Bestände deckten jedoch trotz niederer Temperaturen ihren Stickstoff- Bedarf und litten kaum unter Mangelerscheinungen. Vor allem schwach stehende Getreidebestände und Raps profitieren von dieser Stickstoff-Form.
April: Der endlos erscheinende kalte Winter mit Bodentemperaturen weit unter dem Gefrierpunkt wurde durch einen Wetterumschwung über Ostern beendet. Die plötzlich einsetzende Hitze und ausreichend feuchte Böden führten zu einem Wachstumsschub.
- Nitratbetont gedüngte Bestände zeigten bald Stickstoff-Bedarf und konnten gezielt zur zweiten Gabe nachgedüngt werden.
- Mit Harnstoff gedüngte Schläge brauchten noch etwa ein bis zwei Wochen, bis sich dann eine meist extreme Reaktion im Ernährungszustand zeigte. Warum? Weil der nicht genutzte Stickstoff aus der ersten Gabe nun zusammen mit der zweiten Gabe zur Wirkung gekommen war.
Problematisch bei den mit Harnstoff gedüngten Beständen war, dass diese im wichtigen Entwicklungsstadium EC 29/30 (Beginn des Schossens) oft unter Stickstoff-Mangel litten – ein Umstand, der die Ertragsanlagen in ihrer Entwicklung empfindlich traf.
Mai: Deutschland ist „zweigeteilt“. Während im Nord-Osten die Hitze regierte, wurde diese im Süden immer wieder durch ergiebige Niederschläge (teils unwetterartig) unterbrochen. Wärme und Feuchtigkeit förderten hier die Stickstoffnachlieferung, und die Bestände konnten sich gut entwickeln. Im Nord-Osten hingegen vertrockneten die Bestände zusehends. Vielerorts wurde darüber nachgedacht, ganze Düngergaben ausfallen zu lassen.
Ende Mai: Im Nord-Osten beendeten Regenschauer endlich die lange Trockenperiode. Oft kam diese Erlösung zu spät. Im Süden fiel jetzt zum Teil die letzte Gabe zur Absicherung der Qualitäten. Allerdings entschieden sich einige Betriebe gegen diese Maßnahme, da sie deren Wirtschaftlichkeit bezweifeln.
Einfluss der Stickstoff-Form
Die Stickstofflieferung zu Vegetationsbeginn aus Harnstoff und stark Ammonium-betonten Düngern kann nur schwer eingeschätzt werden, denn die Umwandlung von Ammonium (NH4) zu wasserlöslichem, pflanzenverfügbarem Nitrat hängt stark von der Bodentemperatur ab (Abb. 1)
immer Glückszahlen
Die Dauer der Umwandlung (rote Kurve) in Abhängigkeit von der Bodentemperatur ist nicht linear. Der pauschalen Empfehlung „Harnstoff einfach zwei Wochen früher ausbringen“ sollte daher nicht ohne reiflicher Überlegung gefolgt werden, denn unter 5 °C Bodentemperatur ist keine Bakterientätigkeit zu verzeichnen. Das bedeutet, vorgezogene Harnstoffgaben bleiben schlicht und einfach nur länger auf dem Felde liegen. Es kann zu gasförmigen Verlusten oder gar Abschwemmungen durch Niederschläge kommen, welche die Umwelt aber auch den Geldbeutel belasten.
Pauschal oder bedarfsgerecht Stickstoff düngen?
Die Aufnahme von Stickstoff unterliegt zahlreichen Faktoren – Standorteigenschaften, Witterung, Fruchtfolge, Bodentemperatur, Bodennachlieferungsvermögen u. ä.. Abbildung 2 zeigt, dass der sich ergebende Düngebedarf deshalb erheblich schwanken kann. Starre „Düngerezepte“ berücksichtigen den variierenden Düngebedarf nicht. Die Folge ist ein jährlich wiederkehrendes Düngeritual mit negativen Folgen, ersichtlich im Vergleich der Jahre: Unterschiedliche Erträge und Qualitäten.
Versuche belegen, dass eine angepasste Düngung – beispielsweise bei Einsatz des Yara-N-Testers® oder Nitracheck usw. – der starren Düngung meistens überlegen ist (Abb. 3).
Fehlende Nährstoffe
Für viele Landwirte ist in diesem Jahr beim Düngereinkauf das billigste gerade gut genug gewesen. Dazu hat die Mehrzahl auch noch vergessen, dass Schwefel maßgeblich die Qualität des Weizens fördert. An Mangelstandorten war Schwefelmangel in der Regel deutlich zu erkennen.
Standorte mit mittleren Bodengehalten zeigten in der Regel keine Symptome. Dennoch reichte dort der Schwefel oft ebenfalls nicht für eine zufriedenstellende Qualität aus.
Dazu sollte man wissen: Schwefel ist ein Bestandteil des Enzyms Nitrogenase. Dieses wandelt das Nitrat zu einer NH-Gruppe um, die im pflanzlichen Stoffwechsel weiterverarbeitet werden kann. Damit hat Schwefel vor allem Bedeutung für die Stickstoff- Ausnutzung und einen unmittelbaren Einfluss auf Ertrag, Proteingehalt und Backqualität.
Konsequenzen für das kommende Jahr
Die Ursachen für schlechtere Qualitäten im Erntejahr 2009 sind vielfältig und nicht auf einzelne Punkte alleine zurückzuführen. Ein Versäumnis liegt sicherlich in einer Düngestrategie, die nicht gezielt genug ausgerichtet war: Nur mit einer bedarfsgerechten Düngung lassen sich bessere Erträge mit besseren Qualitäten erwirtschaften und besser vermarkten. Eine gezielte Düngung (Stichwort Bestandsführung) ist nur mit Dün- gerformen möglich, deren Wirkung man kalkulieren kann.
Dazu gehören zum Einen die nitrathaltigen Feststoffdünger und zum Anderen das Aufteilen der Düngung in mehrere Gaben.
Sonderdruck Acker+plus | 11.09
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